Geschichte der Siedlungsbaugenossenschaft

In den Nachkriegsjahren war die Wohnungsnot gross. So war es auch in Herrliberg für die Handwerker schwierig, geeignete respektive preisgünstige Wohnungen zu finden. Deshalb beschlossen einige Gewerbetreibende, für ihre Angestellten eine Genossenschaft zu gründen, die 1947 als «Siedlungsbaugenossenschaft Herrliberg» im Schweizerischen Handelsregister eingetragen wurde.

Als Gründungspräsident zeichnete Emil Job, der in der Sennhütte zur Miete wohnte, später aber von Herrliberg wegzog.

 

Erste Siedlung

Das Grundstück in der Weid erwarb die Genossenschaft vom Pferdemetzger Willy Leemann für zehn Franken pro Quadratmeter. 1948 konnte mit dem Bau der Siedlung begonnen werden. Der renommierte Herrliberger Architekt Max Ernst Haefeli (Kongresshaus Zürich) lieferte der Genossenschaft das Projekt dafür, das dann von Architekt Carl Stieffel ausgeführt wurde. Auf der Parzelle Nr. 5621 entstanden zwei Zeilen mit vier, resp. sechs zusammengebauten Reihenhäusern; einfache 4 Zimmer-Häuschen ohne Luxus, dafür günstig: Die Miete betrug Fr. 118.- pro Monat! In den Nachkriegsjahren war man froh um die grossen Schrebergärten, die zu jedem Haus gehörten und sich bis zur Langackerstrasse hinunter ausdehnten. Zu jener Zeit gab es weder Kindergarten Weid, noch Tennisplätze, und nur die Angehörigen der Gemeinschaft der Aryaner hatten zuvor «oberhalb des Dorfes in der Landwirtschaft» Häuser gebaut. Mit den Jahren wurde renoviert und erneuert, zum Beispiel das Dach isoliert, die Fenster erneuert und erst 1993 wurde eine Zentralheizung eingebaut -vorher wurde mit den Kachelöfen geheizt.

 

Wetzwil

Im Laufe der Jahre wollte sich die Genossenschaft vergrössern. Die Gemeinde war einverstanden, in Wetzwil Land im Baurecht abzugeben, und so erteilte der Genossenschaftsvorstand 1991 einen Studienauftrag mit der Absicht, zehn preisgünstige Wohnungen zu erstellen. Von den vier eingeladenen Architekten wurde das Projekt von Caspar Sennhauser zur Ausführung empfohlen. 1994 konnten die Wohnungen an der Forchstrasse 508 und 510 bezogen werden. Zum ersten Mal baute Architekt Caspar Sennhauser für die Baugenossenschaft und überzeugte diese mit seiner Professionalität und einer strikten Kostenkontrolle.

 

Der Baurechtsgeber, also die Gemeinde, hatte wie später auch in der Schützenmur das Vorrecht, bei einem Viertel der Wohnungen Mieter vorzuschlagen. Das Vermietungsreglement der Baugenossenschaft ist analog demjenigen der Gemeinde abgefasst. In Herrliberg aufgewachsene oder wohnhafte Interessenten oder in ortsansässigen Betrieben Beschäftigte werden bevorzugt, falls die finanziellen Verhältnisse gegeben sind (Steuerauszug).


Die Mindestbelegung der Wohnungen richtet sich nach der Anzahl Personen +1, das heisst eine alleinstehende Person ist berechtigt sich um 2½-Zimmer zu bewerben, ein Ehepaar mit zwei Kindern hat Anspruch auf 5½ Zimmer. Die Genossenschaft vermietet Wohnungen von 2½- bis 5½-Zimmer, eine vernünftige Grösse im Segment des preisgünstigen Wohnungsbaus.

 

Schützenmur

Nach der Jahrtausendwende waren die Wohnungsmieten in Herrliberg extrem hoch und für Angestellte oder Mitarbeiter des örtlichen Gewerbes fast unerschwinglich. Die soziale Durchmischung im Dorf zu erhalten, war auch dem Gemeinderat ein Anliegen und er überschrieb deshalb der Genossenschaft wiederum Land im Baurecht. 2008/2009 konnten in der Folge in der Schützenmur 36 Wohnungen (Sportweg Nr. 1-17) erstellt werden: 16 Wohnungen wurden 2008, die restlichen 20 im Jahr 2009 bezogen. Dies bedeutete für den Vorstand und den Architekten Caspar Sennhauser eine grosse Herausforderung, die aber mit Bravour und drei Prozent Einsparung gegenüber dem Kostenvoranschlag gemeistert wurde. Die Mieter sind begeistert von den grosszügigen und hellen, trotzdem kostengünstigen Wohnungen und so gibt es selten Mieterwechsel, aber ab und zu sogar lobende Dankesbriefe.

 

Neue Weid

Im Jahr 2010 machte sich der Vorstand erste Überlegungen, die in die Jahre gekommene Siedlung Weid durch einen Neubau zu ersetzen. Jeder Mieterwechsel zog hohe Renovationskosten nach sich, die Schrebergärten wurden praktisch nicht mehr genutzt - mit Ausnahme von Fritz und Maria Rindlisbacher, die bis zum Schluss ihren grossen Garten bepflanzten und die Mitbewohner mit ihrem Gemüse versorgten. Fritz Rindlisbacher ist in der Weid aufgewachsen, seine Eltern waren Mieter der ersten Stunde. Wiederum wurde Caspar Sennhauser beauftragt, ein Konzept für eine neue Überbauung zu erstellen.


An der Generalversammlung 2015 wurden die Genossenschafter über das Projekt orientiert, 2016 konnte die Versammlung über das revidierte Vorhaben abstimmen. Mit ganz wenigen Gegenstimmen wurde der Bau der 16 Wohnungen auf dem 3485 m2 grossen Grundstück angenommen. Die Mieter werden ihr neues Zuhause im Dezember 2018 beziehen können.

 

Jubiläumsfeier

Am Tag der offenen Tür und der schlichten Jubiläumsfeier vom 20. Oktober 2018 konnte der Präsident Jakob Isliker über 150 Genossenschafter und unter ihnen auch Gemeindepräsident Gaudenz Schwitter begrüssen. Nach einem kurzen Rückblick auf die Geschichte der Siedlungsbaugenossenschaft mit ihren mittlerweile 62 Wohnungen, appellierte er an den Gemeinderat, auch in Zukunft Land im Baurecht zur Verfügung zu stellen, um die soziale Durchmischung zu erhalten. Der Gemeindepräsident seinerseits gratulierte der Genossenschaft zu ihrem Erfolg und ihrem Beitrag zur Wohnbaupolitik in Herrliberg. Er betonte, dass sich der Gemeinderat zum Ziel gesetzt hat, eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur und ein aktives Dorfleben sicherzustellen. Die Gemeinde verfüge über zahlreiche Liegenschaften, die entwickelt werden können und sollen. Zu einem nächsten Jubiläum könnte sich die Genossenschaft mit einem weiteren attraktiven Projekt beschenken, so Schwitter. Die Gelegenheit, die neuen Wohnungen zu besichtigen, wurde rege benützt und alle Besucher waren voll des Lobes über die grosszügigen und hellen Wohnungen. Die Vision der Siedlungsbaugenossenschaft besteht darin, einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung von Herrliberg zu leisten. Das Jubiläum verpflichtet, den erfolgreichen Weg weiterzuverfolgen.